Die Grüne Insel

„Grüne Insel“ - das ist Irlands Spitzname in der deutschen Sprachgemeinde. Eine fast wörtliche Übersetzung des Begriffs „Emerald Isle“, sollte man jedenfalls meinen.

Aber warum ist Irland denn nun die „Grüne Insel“?

Grün – so weit das Auge sieht

Man sehe sich ein beliebiges Farbbild der Insel an und hat die Antwort in schönstem Technicolor – Irland ist grün. Selbst im tiefsten Winter oder im heißesten Sommer sieht man … Grün. Während sich Blüten nur saisonal zeigen und Bäume im Herbst vorschriftsmäßig die Blätter verlieren, bleibt das Gros der Gewächse (also vor allem Gras) eben grün. Ergo – die Grüne Insel.

Warum ist Irland ganzjährig grün?

Die Antwort liegt darin, dass man in Irland keine Jahreszeiten im mitteleuropäischen Sinne kennt. Wer sich die Webseiten von Met Éireann (die findet man übrigens hier) ansieht, der wird keine großen Schwankungen in Temperatur und Niederschlägen feststellen können. Die Winter sind mild, die Sommer kann man (positivistisch) ebenso bezeichnen, Frühling und Sommer liegen dazwischen.

Das durch den Atlantik und den Golfstrom geprägte Klima Irlands sorgt dafür, dass zwölf Monate im Jahr Gras wächst und gedeiht. In unterschiedlichem Tempo, aber eben in grünem Zustand. Der wesentliche Unterschied zwischen Winter und Sommer: Im Sommer muss man mit dem Rasenmäher nachstutzen, im Winter kann man den Vorgarten sich selbst überlassen.

Allerdings geht das Grün der Insel weit über den Rasen hinweg – Moos sorgt dafür, dass selbst die grauste Ruine schnell einen leicht grünen Schimmer bekommt. Ganz zu schweigen von Autos, die selten gewaschen und nur auf Kurzstrecken gefahren werden und dann auch rasant Moos ansetzen. Oder Kupferdächern, deren Patina schon beim Richtfest zu erahnen ist.

Video: Die grüne Insel im Atlantik


Grün – mehr als eine Laune der Natur?

Grün ist seit dem 19. Jahrhundert auch die „Nationalfarbe“ Irlands, heute identifiziert mit Nationalismus und Republikanern. Dies kam durch diverse nationalistische Gedichte und Lieder – zuerst lobte William Drennan Irland als „green island“ und „emerald in the sea“, dann kamen die „Four Green Fields“ und schließlich war „echt Irisch“ eben auch „Grün“. Bis hin zur Fahne.

Allerdings machte diese Zuordnung wenig historischen Sinn, wie es auch Charles Stuart Parnell beklagte – nach seiner Ansicht soll die Nationalfarbe mit für Irlands Probleme verantwortlich gewesen sein. Grün war in der irischen Mythologie die Farbe der Anderswelt und für Menschen tabu. Grün zu tragen hieß, das Schicksal herauszufordern.

40 Shades of Green – Die Legende verselbständigt sich

Heute weiß jeder Mensch, dass Irland nicht nur Grün als Nationalfarbe hat, sondern dass man auch mindestens vierzig Schattierungen davon besitzt. So sagt das Volkslied. Mit dem einen Problem, dass es nie ein Volkslied dieser Art gab, sondern nur einen Schlager, den niemand geringerer als der „Man in Black“ Johnny Cash schrieb.

Mit seinen „forty shades of green“ ging er in die irischen Legendenwelt ein. Aber der Komponist dieses „uririschen Liedes“ wurde vergessen – wie man auch die Westküstenhymne „Galway Girl“ kaum mit Nu-Country-Star Steve Earle in Verbindung bringt.

Und wie „grün“ ist die Grüne Insel?

Seit 2007 hat Irland eine Koalitionsregierung, in der die „Green Party“ den Juniorpartner der Fianna Fail stellt. Was die Frage erlaubt, wie grün die Grüne Insel ist.

Leider muss die Antwort hier lauten … immer noch nicht grün genug. Nach wie vor hinkt Irland dem Kyoto-Abkommen um Meilen hinterher und Themen wie Abfallentsorgung und Gewässerschutz sind Reizthemen für die ökologischen Bedenkenträger des Landes.

Also kommen wir zum Fazit – Irland wird allein wegen des optischen Eindrucks, den das extrem gemäßigte Klima verursacht, die „Grüne Insel“ genannt. Die patriotische Verbindung der Farbe Grün ist später daraus entstanden und eigentlich kontraproduktiv. Und „grün“ im ökologischen Sinne ist die Grüne Insel trotz Grünen in der Regierung noch lange nicht.

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Die optimale Reisezeit für die grüne Insel

Einen perfekten Zeitpunkt für den Irlandbesuch gibt es nicht. Vielmehr kommt es darauf an, was für ein Urlaubs-Typ man ist und welche Aktivitäten plant.

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