Aran Islands

Sie liegen am äußersten westlichen Rand Europas in der Bucht von Galway und sie haben einen legendären Ruf: Die Aran Islands.

Inis Oírr (Inisheer), die östlichste und kleinste, Inis Meáin (Inishmaan), die mittlere, abgeschiedenste und Inis Mór (Inishmore), die größte der drei bewohnten Kalksteinfelsen im Atlantik.

Sie sind von einem 1.600 Kilometer langen dichten Netzwerk aus Trockensteinmauern überzogen, sie bieten Heimat für viele seltene Pflanzen und Vögel, ihre graublauen Kalkstein-Klippen ragen über 100 Meter hoch aus dem tosenden Atlantik. Auf den höchsten Punkten der Inseln stehen berühmte alte Steinforts aus der Eisenzeit, im Dünensand begraben ruhen Kirchen und Gräber aus der Zeit des frühen Christentums.

Die Inseln waren und sind ein Pilgerort für Archäologen, Naturforscher, Literaten, Künstler, Sinnsucher – und sie ziehen heute Urlauber aus aller Welt an. Denn sie gelten auch als das letzte Refugium der irisch-keltischen Kultur und Lebensweise. Auf Inisheer, Inishmaan und Inismore wird auch heute noch Irisch, das inselkeltische Gaelisch gesprochen.

Die meisten der 1230 Insulaner sprechen neben Englisch noch fließend Irisch, die alte Sprache wird noch in vielen Haushalten gepflegt. Jeden Sommer ziehen Heerscharen irischer Schüler vom Festland auf die Inseln, um dort in der „Gaeltacht“ ihr Irisch zu verbessern.

Das 51 Quadratkilometer große Insel-Archipel aus drei Haupt- und vier unbewohnten kleinen Inseln streckt sich vor Irlands Küste in der Verlängerung des Burren 25 Kilometer weit Richtung Nordwesten in den Atlantik. Abgeschieden vom Festland waren die Bewohner Arans bis ins 20. Jahrhundert weigehend auf sich alleine gestellt. Bis in die 80er-Jahre lebten die auf dem Festland als besonders stolz, klug und gebildet verehrten Insulaner ein einfaches traditionelles Leben im ständigen Kampf mit dem rauhen atlantischen Wetter.

Mitte der 1970-er Jahre wurden die Aran-Inseln elektrifiziert, und erst mit dem Strom kehrten allmählich die zeitsparenden und lebenserleichternden Segnungen der Zivilsation dort ein: Elektrisches Licht, Kühlschränke, Gefriertruhen, Waschmaschinen – und natürlich auch das Fernsehen. Noch in den frühen 80-er Jahren konnte man einem traditionell mit Tweedhose und Wollgürtel gekleideten irischen Farmer auf Insiheer Tränen der Freude entlocken, wenn man ihm eine einfache Taschenlampe schenkte.

Seit kaum drei Jahrzehnten ticken die Uhren auf den Aran Inseln nun annähernd im Takt des europäischen Kontinents – doch auch heute leben das alte und das moderne Irland auf den Inseln fast einträchtig nebeneinander. Der Besucher trifft Bauern, die ihr Gemüse wie in alten Zeiten von Hand auf kleinen mauerumrandeten Parzellen anbauen, die das Getreide noch mit dem Dreschflegel bearbeiten, die die Felder mit Pferd, Stier und Esel bewirtschaften.

Gleichzeitig kann er breitbandig im Internet surfen und die Bequemlichkeiten gut ausgestatteter B&Bs in Anspruch nehmen; und wenn er Glück hat, steigt in einem der Insel-Pubs ein traditionelles Singalong, während dem großformatigen Plasma-Fernseher im Eck eine Pause gegönnt wird.

Die Zeugen der Vergangenheit sind auf den Aran-Inseln allgegenwärtig. Am besten leiht man sich ein Fahrrad, schnürt die Wanderstiefel, oder gönnt den Pferdekutschern ein paar Euros, um sich auf den Inseln fortzubewegen und möglichst viele Orte zu besuchen.

Video: Aran Islands


Inishmore

Auf Inishmore (laut Census 2006: 824 Einwohner), der großen Insel mit der Hauptgemeinde Kilronan, dem Fährhafen und einem Heritage Center, sind alleine 30 bedeutende historische und prähistorische Fundstätten registriert.

Die berühmeste ist die Festung Dun Aenghus, die auf einer 100 Meter Klippe mit fantastischer Aussicht über dem Meer liegt. Das Steinfort aus dem 2. Jahrhundert vor Christus ist als halbkreisförmige Ringverteidungsanlage erhalten und gibt viel Anlass zu Spekulationen: War das Fort aus der Eisenzeit zum Meer hin abgesichert, oder brach gar eine ganze Hälfte des Forts mitsamt der Klippe weg? Man weiß es nicht. Ferner findet der Freund alter Steine auf Inishmore eine frühchristliche Bienenkorbhütte, die Ruinen früher Kirchen, mehrere Dolmengräber, Steinkreuze und das Schwarze Fort Dubh Cathair.

Inishman

Hoch über den Häusern auf Inishman (155 Einwohner) liegen die Steinforts Dun Conchuir und Dun Ferbhai. Die mittlere Insel gilt als die am wenigsten erschlossene und auch am wenigsten zugängliche.

Die von der Famile de Blacam betriebene Strickerei des internationalen Modelabels „Inish Meain“ und das gleichnamige kleine Exklusiv-Hotel sind die Arbeitgeber auf Inishmaan. Ein Besuch des Fabrikverkaufs lohnt sich genauso wie ein Abstecher zu John Millington Synge´s Cottage, wo der Schriftsteller Ende des 19. Jahrunderts monateweise lebte. Das traditionelle Häuschen wurde 1999 im alten Stil restauriert.

Inisheer

Inisheer, die kleine Ostinsel (247 Einwohner), setzt am eindeutigsten auf den Tourismus. Sie verfügt über ein „Arts und Community Center“ mit Kunstausstellung und kleinem Theater. Auf dem höchsten Punkt der Insel thront die Ruine des mittelalterlichen Burg der O´Briens. Unterhalb, mitten in einem kleinen Friedhof, liegt in einer Düne die alte Kirche O´Teampall Chaomháin. Sie wird regelmäßig vom Sand zugedeckt und muss frei geschaufelt werden, um sichtbar zu bleiben. Auf dem Weg zum alten Leuchtturm kann man ihr einen Besuch abstatten.

Die Insulaner gelten nicht zu Unrecht als Hüter der keltisch-irischen Kulturtradition. Sie bewahren ihre Sprache, ihre Kultur und ihre Bräuche so gut es geht, ohne sich nach dem kargen Leben im 19. Jahrhundert zurückzusehnen. Heute hilft ihnen vor allem der Tourismus, dass sie die Insel-Gemeinden überleben können, dass genügend Menschen ein Auskommen finden, das Schulen, Kirchen, Shops und Pubs sich halten können. Zwar haben auch die Aran Inseln gegenüber dem 19. Jahrhundert, als 5000 Menschen auf dem Archipel wohnten, an Substanz verloren. Doch in den letzten 30 Jahren ist es in der Bucht von Galway – im Gegensatz zu den meisten anderen Irischen Inseln – gelungen, die Entvölkerung aufzuhalten.

Beispiel Inisheer: Etwa 250 Einwohner lebten vor 30 Jahren auf der kleinen Ostinsel – und das ist so ziemlich das Einzige, was sich auf der Insel bis heute nicht verändert hat.

Erfreulicherweise kann Inisheer seine Bevölkerungszahl seit über 30 Jahren fast konstant halten. Inisheer hat am Bau-Boom der vergangenen Jahre gut partizipiert, die Zahl der Häuser auf der Insel hat sich in drei Jahrzehnten etwa verdoppelt, auf jetzt 160. Das berichtet der Briefträger der Insel, und er muss es wissen, er fährt sie tagtäglich mit seinem Fahrrad ab. Nicht alle Häuser sind ständig bewohnt, viele werden nur im Sommer benutzt, wenn die Schönwetter-Residenten aus den USA und die Urlauber auf die Insel kommen.

Kamen vor 30 Jahren an guten Tagen 30 Gäste nach Inis Oirr, so zieht das Image von der letzten authentischen Oase und von den in Einklang mit den Naturgewalten lebenden Einwohnern an einem wolkenfreien Sommertag heute bis zu 1200 Tagesgäste auf die Insel. Die Fährkapazitäten wurden massiv ausgebaut, die Insel wird unter anderem mit einer 200-Personen-Fähre von Doolin aus angefahren. Dazu kommen die Gäste der Konkurrenzfähren und der Flugverbindung.

Während die eigenwilligen Bewohner der Nachbarinsel Inish Meain die große Touristenfähre auf ihrem Jungferneinsatz noch mit Steinen bewarfen und sich der massen-touristischen Vermarktung ihrer Insel bis heute erfolgreich verschließen, haben sich die Leute von Inis Oirr mit dem Massenbetrieb früh angefreundet.

Der ökonomische Input ist zweifellos gewaltig: In der Saison erhält jeder Insulaner statistisch die Tagesausgaben von vier Touristen: Die Gäste kommen morgens mit der Fähre und verlassen die Insel am Nachmittag – in den vielen Stunden dazwischen mieten sie Fahrräder, kaufen ein, gehen essen und trinken – und lassen sich über die Insel kutschieren. Der Job des Kutschers ist zum Wohlstandsmodell schlechthin avanciert auf Inis Oirr.

Stiofain Seóighe ist einer von Ihnen: Stephen hat vor Jahren umgesattelt und spannt die Pferde seitdem vor Touristenkutschen. Wenn die Fähren ankommen, sieht es am Hafen von Insisheer mittlerweile aus wie im Killarney Nationalpark: 15 Unternehmen mit noch mehr Gefährten betreiben das Transportgeschäft auf der nur 2,5 mal 2,5 Kilometer großen Insel – und leben davon offensichtlich nicht schlecht. Die Inselkutscher, die es auch auf der Hauptinsel Inishmore gibt, freuen sich besonders auf die Leute, die Fahrrad-Verleiher Michael mit einem Blick abhakt: “The big Americans”. Gewichtige Amerikaner lieben es, mit einem PS über die legendäre Insel zu rollen, ohne sich anstrengen zu müssen.

Stiofain hat es mit den Tourismus-Euros längst zu einem eigenen großen Haus gebracht, das kleine Cottage seiner Eltern steht leer daneben, wird nur im Sommer noch gebraucht. Stiofains Vater, Máirtín, starb im Jahr 1980 mit 72 Jahren. Máirtín lebte noch als bescheidener Farmer, bestellte ein paar karge Felder, spannte einen Esel vor seine zweirädrige Karre, molk ein paar Kühe, und hielt sich als treuen Gefährten einen Border Collie, der ihn auf seinen Fahrten über die Insel stets begleitete. Im Frühjahr sammelte Máirtín am Strand Seetang, den er nach dem Trocknen an Düngemittelfabriken verkaufte , während seine Frau Bridgie die B&B-Gäste und die Irisch-Studenten bekochte. Den Rest zum Leben steuerte die Inselhilfe des Staates bei.

In weniger als einer Generation hat sich das Leben auf Inis Oirr gewaltig verändert. Von der Einführung des elektrischen Lichts bis zur Ankunft von Breitband-Internet hat es drei Jahrzehnte gedauert. Ein neuer Pier macht es möglich, dass die Insel nun gut angefahren werden kann – die Zeit der traditionellen Boote, der Currachs, mit denen die Waren früher mühsam vom Versorgunsschiff an Land gebracht werden mussten, ging damit zu Ende.

Durch den Tourismus konnte sich die Insel aus der Isolation befreien, und die Gäste haben für einen gewissen Wohlstand gesorgt. Der Tourismus hält die Insel am Leben und die Bevölkerungszahl konstant. Derselbe Tourismus sorgt natürlich dafür, dass die Atlantik-Insel Inis Oirr an manchen Hohsommertagen vermissen lässt, was ihren legendären Ruf einst begründete: die Abgeschiedenheit, Eigenheit, Authentizität, die Unberührtheit und die Bescheidenheit der Menschen. Und doch faszniert auch an solchen Tagen die Schönheit der Inselnatur.

Die Entwicklung auf den Aran Islands hat eine berühmte Attraktion auf ihre Weise, nämlich leise vor sich hin rostend, begleitet: Auf Inisheer, am Strand von Carraig na Finise, liegt das Wrack der MV Plassey . Das Schiff war am 8. März 1960 im Sturm vor der Insel auf Grund gelaufen und später an den Felsenstrand von Inisheer gespült worden. Die elf Besatzungsmitglieder wurden gerettet, der Frachter aufgegeben. Er rostet seitdem oberhalb der Hochwassermarke vor sich hin. Die Plassey ist in Irland eine nationale Berühmtheit: Sie wird im Vorspann der TV-Sitcom “Father Ted” gezeigt, die in Irland bis heute Kultstatus genießt. Die Insel Inisheer wird mit der fiktiven „Craggy Island“ assoziiert, der Pfarrgemeinde des strafversetzten Father Ted und seiner zwei Kollegen.

Noch heute erzählen sich die Insulaner die Geschichte der Plassey – und es ist nie eine eindeutige: verschiedene Versionen wollen wissen, dass in jener Nacht im März 1960 der Leuchtturm auf Inisheer nicht funktionierte, oder dass die Plassey-Eigentümer bestens versichert waren, oder aber, dass es sich um einen ganz normalen Unfall gehandelt habe. Wie auch immer: Im Jahr 2010 jährte sich die Havarie der Plassey zum 50. Mal. Und nicht erst seit der Zeit pilgern Inselfahrer zum alten Eisenwrack in der Nähe des Leuchtturms.

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