County Wicklow

Natur pur, soweit das Auge reicht. Die Grafschaft Wicklow, südlich von Dublin im Osten Irlands gelegen, gliedert sich landschaftlich in eine Küstenebene mit einigen schönen Stränden und die Wicklow Mountains.

Letztere umfassen ein Gebiet von 20.000 Hektar mit moorbedeckten Bergen, darunter das Lugnaquilla-Moorgebiet und das Liffey-Head-Moorgebiet.

Dabei bieten die Wicklow Mountains Schutz für viele wild wachsende Pflanzen und wild lebende Tiere, darunter für seltene Orchideen und dem wilden Wanderfalken.

Im Zentrum des Nationalparks, genauer im Glendalough, dem Tal der zwei Seen, gründete der Heilige Kevin im 6. Jahrhundert ein Kloster. Im ersten Millennium unserer Zeitrechnung galt das Kloster von Glendalough als das Rom des Westens, das zahlreiche Gelehrte anzog. Sieben Kirchen wurden errichtet. 3.000 Menschen ließen sich hier zur Blütezeit nieder, darunter zahlreiche Mönche und Gelehrte. 1398 zerstörten englische Truppen weite Teile der Anlage. Heute sind von der einst ausgedehnten geistlichen Gemeinde nach zahllosen Bränden und Raubzügen nur noch wenige frühchristliche Ruinen erhalten geblieben.

Video: Wicklow, Ireland


Besonders eindrucksvoll mutet ein 30 Meter hoher Rundturm an. St. Kevin’s Kitchen, eine gut erhaltene Kapelle, verfügt über einen kleinen Andachtsraum, der möglicherweise tatsächlich aus der Zeit des Heiligen Kevin stammt. Daneben dominieren das Areal die Ruine einer Kathedrale aus dem 9. oder 10. Jahrhundert sowie ein Priesterhaus aus dem 12. Jahrhundert.

Als eine besondere Perle der Natur entpuppen sich auch die 1868 am Ufer des Vartry angelegten Mount Usher Gardens , mit ihren seltenen Bäumen, Sträuchern und Blumen – darunter allein 70 verschiedene Eukalyptusarten.

Der rebellische Gartenphilosoph William Robinson stand für diesen entfesselten Landschaftsgarten an der Ostküste Pate. Riesenhafte Baumexoten, exotische Pflanzen, Buschwerk und pittoreske Blumenpfade sind hier so natürlich zueinander gesellt, was es so wohl nirgendwo sonst auf der Welt gibt

Mit dem Avondale Forest Park verfügt die Grafschaft in der Provinz Leinster über einen weiteren Magneten für Naturfreunde. In dem weitläufigen Naherholungsgebiet, das vor allem von den Dublinern genutzt wird, steht das Geburtshaus von Charles Stewart Parnell, der Symbolfigur des irischen Nationalismus im 19. Jahrhundert. 

Bei Avoca vereinigen sich der River Avonbeg und der River Avonmore. Der Zusammenfluss wird liebevoll Meeting of the Waters genannt und wurde im Jahre 1807 von Thomas Moore in dem gleichnamigen Gedicht verewigt. In Avoca, einem Dorf mit weiß getünchten und mit Schiefer gedeckten Häusern, befindet sich die älteste Spinnerei Irlands. Die Avoca Handweavers üben ihr Handwerk seit 1723 aus und stellen noch heute in traditionellem Verfahren Stoffe her.

Derweil wird Powerscourt häufig mit dem Stoff, aus dem die (Film-)Träume sind, in Zusammenhang gebracht. Die Geschichte des Hauses geht zurück auf das ebenso kunstsinnige wie kämpferische Geschlecht der Wingfields, die sich im Gefolge von Sir Richard Wingfield Anfang des 17. Jahrhunderts auf irischem Boden niederließen.

Als verdienter und treuer Haudegen im Dienste ihrer Majestät Queen Elizabeth hatte er als Belohnung für seine Dienste in Frankreich, Portugal, Flandern und Irland in aller Bescheidenheit nichts weiter als den Schal der Königin gefordert. Ein Wunsch, dem die englische Königin gerne nachkam, bevor sie ihn in den Ritterstand erhob und ihm 1603 die Ländereien von Powerscourt vermachte.

Bis zum heutigen Tag ist Powerscourt von der Handschrift zweier Männer geprägt: des siebten Viscounts von Powerscourt und seines Baumeisters Daniel Robertson, eines führenden Vertreters des italienischen Gartendesigns, nach dessen Plänen im 19. Jahrhundert das südliche Anwesen neu gestaltet worden ist.

Obschon in Irland die Hungersnot wütete, setzte der detailverliebte Viscount ab 1844 zeitgleich bis zu 100 Arbeiter zum Bau der italienischen Terrassen ein, die heute noch das Herzstück der beeindruckenden Gärten bilden.

Die Aufsicht führte der gichtkranke Robertson, der sich dem Vernehmen nach in einer Schubkarre durch die Gegend fahren ließ – die Flasche Sherry, die zur Betäubung der Schmerzen diente, war immer griffbereit.

Neben einem japanischen Garten und dem längsten Kräutergarten Irlands gehört auch ein Hundefriedhof zu den weiteren Besonderheiten der Parkanlage. Dort ließen die Wingfields und die Slazengers, die als Sportartikelhersteller bekannten heutigen Besitzer, im Laufe der Jahre mehrere Hunde, Pferde und Kühe beisetzen. Die Inschriften der Grabsteine reichen von der nüchternen Würdigung für Kuh „Eugenie“ („She had seventeen calves and produced over hundred-thousend gallons of milk“) bis hin zum rührenden Nachruf auf einen namenlosen Cockerspaniel: „You are gone old friend. A grief too deep for tears.“

Etwa fünf Kilometer vom Powerscourt Haus befindet sich ein Wasserfall, der 120 Meter in die Tiefe stürzt und damit Irlands höchste Kaskade ist. Das vom Flüsschen Dargle gespeiste Naturschauspiel diente nicht zuletzt aufgrund seiner Ursprünglichkeit als Kulisse von zahlreichen Hollywood-Filmen. So 1981 für den Leinwandstreifen Excalibur. Auch für eine Reihe weiterer Produktionen von Black Beauty (1971) und Remington Steele (1987) über Moll Flanders (1996) und der Neuverfilmung von der Graf von Monte Christo (2002) bis hin zum Historiendrama König Artus (2004) diente Powerscourt als Filmkulisse.