Das Interview ... nicht immer nach "Schema F"

Trotz des ersten Screenings durch den Arbeitsvermittler stolpern viele Kandidaten in die tatsächlichen Interviews hinein, als seien sie eben aus dem Baum gefallen. Oder so sehr übervorbereitet, dass es schon peinlich wirkt.

An dieser Stelle kann ich Dir kein komplettes Interviewtraining geben, das ist weder Sinn und Zweck dieser Seite noch ohne praktische Übungen machbar. Also ab in die Bücherei oder im Internet recherchiert!

Einige Tips habe ich aber schon … Die Interviewer sind meist Menschen aus der Firma, die auch tatsächlich direkte Vorgesetzte werden. Das bedeutet, dass der “Nasenfaktor” wesentliche Rolle spielen kann. Hmmm … wie bereitet man sich auf so etwas vor, wenn man Menschen nicht kennt? Ganz einfach: Gar nicht! Gehe nicht mit vorgefassten Meinungen in ein Interview herein – versuche erst im Interview, die Gegenüber (meist sind es zwei Personen) einzuschätzen und dann so zu agieren und reagieren, wie Du es auch im realen Arbeitsleben durchhalten kannst. Und höre den Menschen zu … aufmerksam!

Ich habe nichts so entnervend gefunden, wie gleich zu Beginn ausdrücklich zu erwähnen, dass wir mit nur mit Produkt A aus der gesamten Palette zu tun haben und dann vom Bewerber lange Exkurse über Produkt Z zu hören. Wenn man dann unterbricht mit etwa “Ich sehe, Sie wissen eine Menge über Kopierer, aber wie sieht es denn nun konkret mit der Verwendung von Druckern in Netzwerken aus?” und als Antwort erstmal ein verwirrtes Gesicht bekommt, dann ein gemurmeltes “Da muss ich passen!” bekommt …

Antworte am besten nur länger auf Fragen, wo Sie auch konkret etwas zu sagen haben …

Ein lustiges Thema, gerade in der Nachbereitung von Interviews, sind auch die Accessoirs, mit denen sich der Kandidat schmückt. Beispiel “Financial Times” – gerade der “Mann von Welt” stolziert gerne in ein Interview mit einer mehr oder minder offensichtlichen rosaroten Zeitung im Gepäck (… ich hatte noch nie eine Frau in einem Interview, die das machte!). Das sieht gut aus, betont das Flair der Globalität und des wirtschaftlich alerten Insiders. Denkst Du vielleicht! Für den Interviewer ist die “Financial Times” eine Herausforderung. Sie lädt geradezu zu einer Frage ein wie: “Ich sehe, Sie lesen die Financial Times …” … hier nickt der Kandidat meist bescheiden lächelnd … “… wie beurteilen Sie denn die Entwicklung unserer Aktien in den letzten sechs Monaten?” Aaaaargh … wenn dann nicht mindestens eine Kurzzusammenfassung im Stil der Yahoo-Börsenberichte erfolgen kann oder ein relevantes Stichwort zur wirtschaftlichen Lage des Konzerns folgt, hätte man das rosa Papier besser verstecken sollen.

Beispiel “Shamrock” – ein Kleeblatt (oder ähnliches irisches Motiv) als Ansteck- oder Krawattennadel getragen soll oft auf die Irland-Freundschaft oder gar -Expertenschaft hinweisen. Auch hier wieder die Herausforderung für den Interviewer, eine Frage zu stellen … die meist mehr oder minder gut beantwortet wird, wenn man nicht gerade gezielt nach der Symbolik des Kleeblattes und dem Zusammenhang mit St. Patrick fragt.

Allerdings ist die nicht direkt dem Kandidaten gegenüber geäusserte Reaktion auf so offensichtliche Hibernophilie sehr oft ein “Oh my, another Shamrock-German!” mit leicht drehenden Augen … Und ganz deutlich warne ich vor Ausflügen in die Politik … ich hatte mal ein wirklich gutes Interview, wo der Kandidat zu voller Zufriedenheit erschien. Bis zu dem Moment, wo das Gespräch allmählich in den “Plauderteil” überging, der gegen Ende eines Interviews meist kommt (kommt er nicht, war das Interview wohl nicht so toll …). Der junge Mann sass uns also gegenüber und meinte, in seiner Freizeit würde er gerne etwas Soziales tun, ob unsere Firma das dann gerne sähe.

Klar (Bindung an die community und so …), was denn konkret? Ja, er hätte da von einigen Unterstützungsprogrammen für republikanische politische Gefangene gelesen, da würde er sich gerne engagieren, und in der Unabhängigkeitsbewegung sowieso …

Mein irischer Kollege war gefesselt von diesen Ausführungen – was der Kandidat nicht wusste war die Tatsache, dass eben dieser Kollege aus Nordirland kam, in einer loyalistischen Gegend aufwuchs und sich nicht gerade für solche Pläne begeistern konnte. Irgendwie war es ja schon komisch …

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