Warum Irland als Ziel?

Fragen wir uns doch einmal ganz ehrlich - warum will man eigentlich nach Irland auswandern? Warum mehr als einen Urlaub auf der Insel verbringen?

Die meisten Auswanderer, vor allem die Deutschen, die in Irland eintrudeln, haben ein ganz spezifisches Irlandbild, das auch der Hauptgrund für das Emigrationsziel war. Die Zusammenfassung ist oft: “Irland, das sind seine Menschen und Geschichten, seine Dörfer, Berge, Wälder und Flüsse, das Meer, Seen und Quellen, sein pubs und stores, grosse und kleine Steinhäuser.

Einsame Buchten, in denen nur das Gekreische der Vögel und das Wellenrauschen die Ruhe unterbrechen, Dörfer von sprödem Charme, Küsten, an denen die Klippen steil in die Tiefe fallen. Bekanntschaften sind schnell geschlossen, denn die Iren, diese so melancholisch-heiteren Geschichtenerzähler, sprechen jeden an.”

So sagt es uns jedenfalls der “Marco Polo” Reiseführer “Irland” in seiner 9. Auflage von 2002. Und dieses Image wird auch durch zahlreiche Bildbände, Reisefeatures und natürlich die zahlreichen Touristen im Lande selbst aufrecht erhalten. Und es nicht nicht einmal gelogen … wenn man sich die einsamen Gegenden im Nordwesten der Insel betrachtet.

Dummerweise gibt es in gerade diesen einsamen Gegenden nicht gerade ein Beschäftigungshoch. Das herrscht in den Ballungsräumen Cork und Dublin, teilweise auch in Belfast – und die widersprechen wiederum der obigen Beschreibung Irlands in einigen, nicht unwesentlichen Punkten.

OK – während zahlreicher Rekrutierungsaktionen habe ich die verschiedensten Antworten gehört, warum Menschen nach Irland kommen wollen. Hier einige Beispiele und meine ganz persönlichen Gedanken dazu: – Deutschland gefällt mir einfach nicht mehr!” – Aaaaah ja …? – Wissen Sie, wie viele Deutsche, Sie sicher auch, habe ich mich schon immer danach gesehnt, in Irland zu leben.” – OK, woher weiss sie, wonach ich mich sehne? Und was meint sie eigentlich genau? – Es ist die Grüne Insel!” – Stimmt generell schon … aber was heisst das genau? – Es ist ein keltisches Land.” – Auch das ist generell korrekt, gilt aber auch für die Bretagne, für Österreich und Süddeutschland, ja sogar für Jugoslawien. – Ich will ohne Verkehrsstau und Umweltverschmutzung leben.” – Nicht hier, nicht in den Ballungsräumen. – Ich reise gerne …” – Ich auch … – Ich liebe die irische Musik.” – Toll, dann kauf Dir ein paar CDs! – Ich war schon oft im Urlaub hier.” – Da arbeiten, wo andere Urlaub machen … ein alter Werbespruch! – Dort gehen die Uhren einfach anders.” – Was? Bei uns im Büro aber nicht … – Eigentlich will ich in die USA auswandern – und ich habe gehört, das ist von Irland aus einfacher.” – Der Flug ist tatsächlich kürzer, ansonsten ist das “bullshit”. – Und mein absoluter Favorit: “Ich habe schon in einem früheren Leben dort gelebt!”

Nun, in einer Interviewsituation nickt man meistens nur, lächelt und geht elegant (oder auch nicht so elegant) zur nächsten Frage über. Und freut sich über Kandidaten, die andere Antworten geben: – Ich sehe das als Zwischenstation, um meine Berufschancen langfristig zu verbessern – im Bezug auf Sprachkenntnisse, Erfahrung und vor allem Auslandsaufenthalt.” – Ein guter Kandidat für einen Zeitvertrag! – Es gibt Arbeitsplätze in Irland!” – Ein sehr gutes Argument! – Mich bindet nichts an meinen derzeitigen Wohnort und ich würde gerne einmal in einer anderen Kultur leben.” – Auch dagegen gibt es nichts einzuwenden … – Mein Partner ist Ire und wir wollen zusammenleben.”

Hast Du Dich irgendwo wiedererkannt?

Die meisten Menschen haben ein Traumbild von Irland, das entweder durch Urlaub oder über “Dritte” (Erzählungen, Bücher, Fernsehen …) geprägt ist. Nur wenige Menschen haben ein etwas realistischeres Bild, das entweder durch die eigene Erfahrung oder kritische Stimmen vermittelt wird. Ein Bild, in dem etwa weniger “romantische Hochkreuze” als “moderne, anonyme Zweckbauten” vorkommen.

Mein Tip: Setz Dich einmal in Ruhe an den Schreibtisch und mache ein “brainstorming”, was Dir zu Irland so alles einfällt.

Wenn die negativen Begriffe sich auf Dinge wie “Unterdrückung durch die Engländer”, “Bürgerkrieg”, “Kartoffelfäule” und “black pudding” beschränken, sich die positiven Begriffe aber häufen … dann blendest Du entweder vieles aus oder hast es nie wahrgenommen. Das sind Klischeebilder, keine heutige Realität (OK, black pudding schon …)

Wenn jedoch sich ein Gleichgewicht einstellt und auch so negative Begriffe wie “Umweltverschmutzung”, “Landflucht”, “Verkehrschaos”, “hohe Preise”, “Abhängigkeit von EU-Subventionen”, “rapide Industrialisierung” und “kaum Taxis” dazukommen, dann wird das Bild schon realistischer.

Und dann musst Du Dich nur noch fragen, ob das Positive das Negative ausstechen kann … und ob Du mit dem Negativen leben kannst.

Wenn die Antwort dazu “Ja!” ist, dann solltest Du Irland wählen. Wenn Deine Antwort “Hm, vielleicht …” lautet, dann solltest Du Dich mehr informieren und die Übung wiederholen. Wenn Du sagst “Ich glaube, ich könnte Schwierigkeiten bekommen!”, solltest Du Dich auf jeden Fall weiter informieren, aber keine zu schnellen Schritte unternehmen. Wenn Dir die Antwort “Etwas besseres als den Tod finde ich überall …” zufliegt, ist das Auswanderungsziel irrelevant und Du solltest Dir überlegen, warum Du mit einem Esel, einem Hund, einer Katze und einem Hahn in Richtung Bremen marschierst.

Letzten Endes gibt es nur drei Gründe für eine Auswanderung nach Irland:

- Der Arbeitsplatz dort – die Auswanderung aus rein wirtschaftlichen Gründen. – Der Wunsch, im englischsprachigen Ausland zu leben – unter diesem Aspekt ist die Auswanderung nach Irland die derzeit einfachste und auch wirtschaftlich sicherste. – Persönliche Gründe, wie etwa ein Partner im Lande.

Für die meisten Auswanderer, also diejenigen, die nicht nur eine Auszeit nehmen, spielen die ersten beiden Gründe eine wichtige Rolle.

Eine Auswanderung nach dem Motto “Irland ist toll, sagen alle, und es wird schon …” kann klappen, tut es aber in den meisten Fällen nicht.

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