Blarney Castle – Rücklings zur Muse der Beredsamkeit
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Blarney Castle
Wenn die Muse immer nur andere küsst, göttliche Eingebungen fernbleiben, dann sollte man dem Schicksal etwas nachhelfen und besagte Muse selber küssen.
Im malerischen Lee-Valley, rund acht Kilometer vor den Toren von Cork, befindet sich inmitten einer liebevoll angelegten Parkanlage das altehrwürdige Blarney Castle
Doch weniger das 1446 erbaute Gemäuer, als der im dreistöckigen Burg-Towerhaus befindliche Blarney Stone lassen den ehemaligen Sitz der Mac Carthys, der sagenumwobenen Könige von Südmunster, zu einer wahren Pilgerstätte werden. Denn gemäß alter Überlieferung soll derjenige von der Muse der Beredsamkeit befallen werden, dessen Lippen den heiligen Stein berühren.
Doch vor den Erfolg stellten die Götter bekanntlich den Schweiß. Rund 800 Meter erstreckt sich der Fußweg vom Eingang durch die architektonisch reizvoll angelegte Gartenlandschaft am River Martin. Nach knapp fünf Minuten erscheint der Bergfried mit den Resten der alten Burg im Gesichtsfeld. Ein auf den ersten Blick eher enttäuschender Anblick, blieb von dem einst prunkvollen Gemäuer doch kaum mehr als die Außenmauer stehen.
Video: Blarney Castle
Vorbei am überwölbten Erdgeschoss mit seinem gut erhaltenen Kaminzimmer gilt es nun, die 120 Stufen des L-förmigen Turms über ein verzwicktes Gang- und Treppensystem zu erklimmen. Die begehbaren, nicht gerade üppig gesicherten Außenwände des Towerhauses rufen beim Blick in die Tiefe nicht selten Schwindelanfälle hervor. Doch die eigentliche Nervenprobe folgt noch: In genau 29 Metern Höhe über dem Erdreich befindet sich der Grund der Tortur, der Blarney Stone. Um diesen zu küssen, bedarf es schon einer kleinen artistischen Einlage. Auf einem Gitter rücklings über dem Abgrund liegend, gilt es nun, sich vorsichtig vorzurobben und die Lippen von unten auf den heiligen Stein zu stülpen. Bei Bedarf bietet ein geschäftstüchtiger Wächter für einen kleinen Obolus seine Hilfsdienste an, derweil eine clevere Fotografin den mit Spannung erwarteten Augenblick auf Zelluloid bannt.
Und während der Pilger auf dem Rückweg durch den nahe gelegenen Rock Close, einer Gartenanlage mit eigenwilligen Steinformationen, wandelt oder sich im benachbarten Herrensitz Blarney House einen Eindruck vom schottischen Baronialstil verschafft, glaubt er tatsächlich, von der Muse der Beredsamkeit ergriffen zu sein.
Aber unabhängig davon, wie lange dieser Zustand anhalten mag, fest steht: Die Wurzeln dieses ungewöhnlichen Rituals liegen weitgehend im Dunkeln. Der Name des heiligen Steins beruht allerdings auf einer historischen Begebenheit: Der für seine lockere Zunge bekannte Lord of Blarney, Dermont Mac Carthy, soll bei Queen Elisabeth I. wiederholt versucht haben, mit faulen Ausreden die Aussetzung der fälligen Steuern und Lehnabgaben zu erzwingen. Die verärgerte Monarchin soll darauf verkündet haben, genug von dessen „blarney” – im heutigen Sprachgebrauch „Gefasel“ – zu haben. Derbe Worte, die auch demjenigen drohen, der die Sache mit der vermeintlich erlangten Muse allzu ernst nimmt.
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